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(Unreflektierter) Sexismus in der Sprache: Wie stehen die Deutschen zu Hausfrau, Diva, Frauenheld und Co.? 

  • Repräsentative Babbel Umfrage zeigt große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit: 61 Prozent wollen sexistische Wörter vermeiden, aber nicht mal jede:r Zehnte macht sich Gedanken über die Herkunft von Stereotypen  
  • Frauen vermeiden sexistische Sprache eher als Männer: 66 vs. 55 Prozent  
  • Positiv oder negativ? Stereotype sind fest im Sprachgebrauch der Deutschen verankert  

Berlin, 03. März 2022. Hausfrau, Nerd, Working Mom oder Womanizer: Jede:r von uns kennt diese Begriffe – oder viel mehr Bezeichnungen – und nutzt sie in der Alltagssprache. Doch wer stellt sich dabei ernsthaft die Frage, wieso wir diese Wörter benutzen und was sie bedeuten? „Powerfrau“ etwa klingt positiv, energisch und ja – wie eigentlich? Immerhin drückt das Wort doch aus, dass Frauen, die Karriere machen „stärker“ sind und dafür gefeiert werden. Der Begriff schließt aber Frauen, die z. B. Pflegearbeit leisten, aus.Wie wir über Frauen und Männer reden, macht sich vor allem dann bemerkbar, wenn wir den Spieß einmal umdrehen und uns umgekehrten Sexismus anschauen: Man denke an Worte, die beschreiben, dass jemand alleinstehend ist – für Männer wird gerne „Bachelor“ oder „Junggeselle” verwendet, für Frauen gibt es nur das deutlich negativer konnotierte Wort „Jungfer“.   

Die Sprachlernplattform Babbel hat sich in einer repräsentativen Umfrage dieser Problematik gewidmet und die Deutschen zur Nutzung und zu ihrem Verständnis von Begriffen befragt, die Geschlechterstereotype widerspiegeln. 

Kluft zwischen Selbstwahrnehmung und realem Sprachgebrauch  
Rund 61 Prozent der Deutschen geben an, sexistische Wortwahl in ihrer Sprache grundsätzlich zu vermeiden. Die Ergebnisse zum Bewusstsein für einzelne problematische Wörter zeigen jedoch eine andere Realität: Es gibt eine deutliche Diskrepanz zwischen der vermeintlich kritischen Selbstwahrnehmung stereotyper Wörter und ihrer tatsächlichen Nutzung. Denn Begriffe wie etwa „Hausfrau“, das ein einseitiges und sehr traditionelles Rollenbild der Frau beschreibt, wie „Working Mom“ oder die ambivalenten Worte „Diva“ und „Powerfrau“, werden von vielen der Befragten nicht nur häufig genutzt, sondern gleichzeitig tendenziell als positiv besetzt bewertet. So finden etwa 91 Prozent derjenigen, die das Wort nutzen, dass „Powerfrau“ positiv ist. Das Wort „Hausfrau“ wird von insgesamt 77 Prozent der Befragten genutzt und von 38 Prozent von ihnen ebenfalls als positiv konnotiert eingestuft. Weitere häufig benutzte stereotype Wörter sind etwa Diva (50 %), Zicke (67%) oder Nerd (41 %), die in der Tendenz negativ bewertet werden.  
 
Bedeutung von sexistischen Wörtern wird oft nicht hinterfragt  
Doch nicht nur der tatsächliche Gebrauch von Stereotypen steht in Widerspruch zur Selbstwahrnehmung: Weiterhin zeigt die Umfrage, dass die Mehrheit der Befragten unreflektiert Begriffe und Labels nutzt. Trotz relativ häufigem Gebrauch werden problematische Wörter nicht hinterfragt, denn nicht einmal 10 Prozent (9,7 %) interessieren sich für die Herkunft von sexistischen Wörtern wie zum Beispiel „Zicke“ oder „Hysterikerin“. „Wenn wir den historischen Kontext von Wörtern und ihre Konnotation nicht in Frage stellen, erkennen wir oft nicht die implizite Abwertung, die dahinter steht. Benutzen wir diese Wörter unreflektiert, tragen wir bewusst oder unbewusst dazu bei, dass Sexismus Teil unseres Sprachgebrauchs ist und bleibt. Nicht jeder ist sich dessen bewusst, dass es sich bei dem (Schimpf-)Wort „Zicke” um eine abwertende Tiermetapher handelt, assoziiert mit dem aus dem Althochdeutschen stammenden Wort „zikkin”, das soviel wie junge Ziege oder junger Bock bedeutet. So wird das Wort vor allem für Mädchen und Frauen gebraucht, die als störrisch oder eigensinnig erscheinen, ähnlich den einer Ziege nachgesagten Eigenschaften”, kommentiert Cornelia Lahmann, Sprachexpertin und Didactics Project Managerin bei Babbel.  
 
Wortwahl wird durch das eigene Umfeld beeinflusst  
Außerdem bestätigen die Ergebnisse, dass die eigene Wortwahl in vielen Fällen durch das unmittelbare Umfeld beeinflusst wird und umgekehrt. Die meisten Befragten nutzen, ihrer eigenen Schätzung nach, die problematischen Begriffe etwa so häufig wie Menschen in ihrem eigenen Umfeld. So geben beispielsweise rund 45 Prozent an, dass Menschen in ihrem Umfeld das Wort „Diva“ benutzen; das sagen 68 Prozent etwa auch für den Begriff „Zicke“. „Es ist nicht überraschend, dass das Umfeld einen starken Einfluss auf den eigenen Sprachgebrauch hat. Zum einen ist man dadurch einer bestimmten Wortwahl häufiger ausgesetzt und somit dazu geneigt, diese zu übernehmen. Zum anderen haben wir es mit einer Form von Gruppendynamik zu tun. Der sogenannten Ingroup Bias bezeichnet die häufig unbewusste Neigung von Menschen, die eigene Gruppe zu favorisieren und deren Verhalten, auch was den Sprachgebrauch betrifft, nicht zu hinterfragen bzw. zu übernehmen”, sagt Lahmann.  
 
Viele sind gewillt, in Zukunft ihre Wortwahl zu überdenken  
Doch es zeigt sich auch eine positive Tendenz: Knapp die Hälfte der Befragten (48 %) möchte in Zukunft mehr auf ihre Wortwahl achten und sexistische Wörter vermeiden. Ein Drittel (33 %) weist sogar andere Menschen auf sexistischen Sprachgebrauch hin.  
 
Frauen gehen mit sexistischen Wörtern bewusster um  
Wenig überraschend ist vielleicht, dass Frauen sich sexistischer Wortwahl bewusster sind und diese grundsätzlich zu vermeiden versuchen. Das geben immerhin zwei Drittel (66 %) der Frauen an. Allerdings geben nur 55 Prozent der Männer an, sexistische Sprache in ihrem Alltag zu vermeiden. „Die Umfrage zeigt, dass Männer problematische Labels in der Tendenz unreflektierter verwenden, insbesondere, wenn es sich um Bezeichnungen für Frauen handelt“, fügt Lahmann hinzu. So sagen 39 Prozent der Männer, dass etwa das Wort „Hausfrau“ positiv konnotiert ist, dasselbe empfinden hingegen nur 24 Prozent der Frauen. Besonders deutlich wird der Unterschied beim Begriff „Powerfrau“, der von 69 Prozent der männlichen Teilnehmenden und lediglich von 19 Prozent der Frauen als positiv eingestuft wird.  
Auch sehen sich Frauen eher als Männer in der Rolle, Andere auf sexistische Sprache hinzuweisen: Das tun 39 Prozent der Frauen und lediglich 28 Prozent der Männer. Darüber hinaus geben 39 Prozent der Männer zu, dass ihnen eine bewusste, „sexismusfreie” Wortwahl egal ist. Bei den Frauen interessiert sich rund ein Viertel (26 %) nicht dafür.  
 
Unterschiede zwischen Alt und Jung  
Auch beim Blick auf die Generationen zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Selbstwahrnehmung und tatsächlichem Sprachgebrauch. So geben immerhin 71 Prozent der über 60-Jährigen an, sexistische Sprache grundsätzlich zu vermeiden. Bei den unter 30-Jährigen sagen das rund zwei Drittel (65 %). Allerdings machen sich durchschnittlich gerade einmal 6,4 Prozent der Älteren Gedanken über die Herkunft von Stereotypen, bei den Jüngeren sind es durchschnittlich 13,4 Prozent. Das fällt aber auch bei der Bewertung von Stereotypen auf: So werden Wörter, deren Konnotation sich im Laufe der Zeit eher zum Negativen verändert hat, z. B. „Diva“ oder „Hausfrau“, von jüngeren Menschen wesentlich negativer bewertet. So schreiben 65 Prozent der unter 30-Jährigen dem Wort „Diva“ eine negative Bedeutung zu, bei den ab 60-Jährigen sind es nur 34 Prozent. Die „Hausfrau“ empfinden 23 Prozent der Jüngeren als negativ, aber nur 7,3 Prozent der älteren Generation. „Die ältere Generation hat viel mehr Kontakt zu dem ursprünglichen Konzept von Wörtern, z. B. von “Hausfrau” als die jüngeren Generationen. Außerdem besetzen jüngere Menschen aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen viele Begriffe neu”, ergänzt Lahmann.  
 
Wie häufig Begriffe, die Stereotype bekräftigen, von den Deutschen als positiv bewertet werden, zeigen folgende Ergebnisse:  

 Topliste positiv bewerteter Stereotypen   

  Gesamt  Frauen  Männer  Menschen, die das Wort benutzen  
1.  Bachelor 34,2 %    Bachelor 31,6%    Powerfrau 68,6%  Powerfrau 90,9%  
2.  Hausfrau 31,5%    Working Mom 26,8 %    Hausfrau 39,2%  Working Mom 73,5%  
3.  Working Mom 26,1%    Hausfrau 23,8 %    Bachelor 37%  Bachelor 67,7%  
4.  Powerfrau 20,3 %  Powerfrau 18,8%    Working Mom 25,4 %    Hausfrau 38%  
5.  Nerd 11,8%    Nerd 10,8%    Frauenheld Womanizer12,8%  Diva 36,3%  
6.  Diva 10,1%    Diva 7,6%    Nerd 12,6%  Jungfer 29,8% 
7.  Frauenheld/  Womanizer 8,4%  Frauenheld/ Womanizer 3,6%    Diva 12,4%  Nerd 21,7%  
8.  Jungfer 6,2%  Jungfer 3,4%    Jungfer 8,8%  Frauenheld/ Womanizer 16 %  
9.  Zicke 4,1%    Zicke 2%    Zicke 6 %    Hysterikerin 5,9%    
10.  Hysterikerin 2,6%    Hysterikerin 0,8%    Hysterikerin 4,4%  Zicke 5,7%  

Warum engagiert sich Babbel für das Thema?  
Damit Sexismus in der Sprache abnimmt oder in einer idealen Welt ganz aufhört, muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. Vieles beginnt mit dem Sprachenlernen – in seiner ursprünglichen Form mit der Geburt und dem Erwachsenwerden oder beim Erlernen von Fremdsprachen: Einmal eingeprägt, ist es schwierig, sich von stereotyper Sprache zu befreien oder sie zu erkennen. Ein wichtiger Schritt ist es daher, auf Missstände aufmerksam zu machen, unsere Sprache kritisch zu analysieren und Gesprochenes und Geschriebenes stets zu reflektieren. Die Expert:innen von Babbel – darunter Wissenschaftler:innen, Pädagog:innen und Sprachlehrer:innen – entwickeln Lernformate, die an die Bedürfnisse des modernen Sprachgebrauchs angepasst sind und sprachliche Entwicklungen reflektieren. Das umfasst eine bewusste, inklusive und sich ständig weiterentwickelnde Auswahl an Wörtern, Beispielen, Konversationen und Übungssituationen. „Wir sehen uns in der Verantwortung, Sprache in ihrer Vielfalt zu vermitteln. Mit Hilfe unserer umfangreichen Expertise und Erfahrungen möchten wir den inklusiven, stereotypenfreien Gebrauch von Sprache fördern”, sagt Eileen Barnard, Senior Organisational Culture Manager – DE&I.  

Über die Umfrage: 
Die Umfrage wurde im Zeitraum 14.-21.02.2022 im Auftrag der Sprachlernplattform Babbel vom Marktforschungsunternehmen respondi durchgeführt. Befragt wurde eine repräsentative Stichprobe von 1.002 Teilnehmenden in Deutschland im Alter von 18 bis 75 Jahren.   

Über Babbel:  
Babbel ist der europäische Vorreiter auf dem digitalen Sprachlernmarkt und bietet Lernenden neben der weltweit meistverkauften Sprachlern-App ein einzigartiges und motivierendes Ökosystem an ineinandergreifenden Sprachlernangeboten.  

Seit der Gründung 2007 verfolgt Babbel ein Ziel: Menschen durch Sprache über Kulturen hinweg zusammenzubringen. Mit der Babbel-App, Babbel Live, Babbel-Podcasts und Babbel für Unternehmen lernen Nutzende anhand von authentischen Inhalten eine neue Sprache schnell in realen Situationen und Dialogen anzuwenden. Und es funktioniert: Zahlreiche wissenschaftliche Studien, unter anderem von der Yale University, der Michigan State University und der City University of New York, belegen die Effektivität von Babbel.  

Babbels Erfolg beruht auf der Kombination von Expertenwissen und neuester Technologie. Über 180 Didaktikexpert:innen erstellen die Inhalte der mittlerweile mehr als 60.000 Lektionen, die in 14 Sprachen verfügbar sind. Interaktiver Live-Unterricht, Sprachlernspiele und Podcasts runden das Sprachlernerlebnis ab. Dabei wird das Nutzendenverhalten kontinuierlich analysiert und einzelne Lektionen werden auf Basis zahlreicher Daten angepasst und optimiert.  

Mit Babbel kann jede:r eine Sprache lernen – deshalb ist das Babbel-Team genauso vielfältig wie die Sprachkurse und Lernenden selbst: An den Standorten Berlin und New York arbeiten 750 Mitarbeitende, die mehr als 65 Nationalitäten, unterschiedliche Geschlechter, Herkünfte und Überzeugungen repräsentieren. Über 10 Millionen verkaufte Abonnements sprechen für sich: Babbel bringt Menschen durch Sprache zusammen und miteinander ins Gespräch. Weitere Informationen unter www.babbel.de.   

Pressekontakt   
Eva Maciejewski, E-Mail: emaciejewski@babbel.com  
Pressebüro Babbel, c/o markengold PR, Velyana Angelova, Tel.: +49 – 30 – 219 159 – 60, E-Mail: babbel@markengold.de   

Sexismus, Weltfrauentag

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